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§ 99a Steuerabzug in besonderen Fällen

Befreiung vom Steuerabzug

§ 99a. (1) Der Schuldner ist von der Verpflichtung zum Steuerabzug
von Zinsen und Lizenzgebühren befreit, wenn er entweder eine
unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft oder eine Betriebsstätte
eines Unternehmens eines anderen Mitgliedstaates ist und wenn der
Nutzungsberechtigte ein verbundenes Unternehmen eines anderen
Mitgliedstaates oder eine in einem anderen Mitgliedstaat gelegene
Betriebsstätte eines verbundenen Unternehmens eines anderen
Mitgliedstaates ist.
Als Lizenzgebühren gelten Vergütungen jeder Art, die für die
Benutzung oder für das Recht auf Benutzung von Urheberrechten an
literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken,
einschließlich kinematografischer Filme und Software, von Patenten,
Marken, Mustern oder Modellen, Plänen, geheimen Formeln oder
Verfahren oder für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder
wissenschaftlicher Erfahrungen, sowie für die Benutzung oder das
Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder
wissenschaftlicher Ausrüstungen gezahlt werden.
Als Zinsen gelten Einkünfte aus Forderungen jeder Art, auch wenn die
Forderungen durch Pfandrechte an Grundstücken gesichert oder mit
einer Beteiligung am Gewinn des Schuldners ausgestattet sind,
insbesondere Einkünfte aus öffentlichen Anleihen und aus
Obligationen einschließlich der damit verbundenen Aufgelder und der
Gewinne aus Losanleihen. Zuschläge für verspätete Zahlung gelten
nicht als Zinsen.
Als Betriebsstätte gilt eine feste Geschäftseinrichtung in einem
Mitgliedstaat, in der die Tätigkeit eines Unternehmens eines anderen
Mitgliedstaates ganz oder teilweise ausgeführt wird.
(2) Zinsen- und Lizenzgebührenzahlungen einer inländischen
Betriebsstätte sind nur dann befreit, wenn diese Zinsen und
Lizenzgebühren bei ihr eine steuerlich abzugsfähige Betriebsausgabe
darstellen.
(3) Ein Unternehmen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen
Union gilt nur dann als Nutzungsberechtigter, wenn es die Zahlungen
zu eigenen Gunsten und nicht als Zwischenträger, etwa als Vertreter,
Treuhänder oder Bevollmächtigter für eine andere Person, erhält, und
wenn die Forderung, das Recht oder der Gebrauch von Informationen,
die Grundlage für Zahlungen von Zinsen oder Lizenzgebühren sind, mit
dem empfangenden Unternehmen in einem konkreten Zusammenhang stehen.
(4) Eine Betriebsstätte wird als Nutzungsberechtigter der
Lizenzgebühren behandelt,
1. wenn die Forderung, das Recht oder der Gebrauch von
Informationen, die Grundlage für Zahlungen von Zinsen oder
Lizenzgebühren sind, mit der Betriebsstätte in einem konkreten
Zusammenhang stehen und
2. wenn die Zahlungen der Zinsen oder Lizenzgebühren Einkünfte
darstellen, auf Grund deren die Betriebsstätte in dem
Mitgliedstaat, in dem sie gelegen ist, einer der in Artikel 3
Buchstabe a Ziffer iii der Richtlinie Nr. 2003/49/EG des Rates
vom 3. Juni 2003 (ABl. EG Nr. L 157 S 49) in der jeweils
geltenden Fassung genannten Steuern bzw. im Fall Belgiens dem
"impot des non-résidents/belasting der niet-verblijfhouders"
bzw. im Fall Spaniens dem "Impuesto sobre la Renta de no
Residentes" bzw. einer mit diesen Steuern identischen oder
weitgehend ähnlichen Steuer unterliegt, die nach dem Zeitpunkt
des In-Kraft-Tretens der Richtlinie an Stelle der bestehenden
Steuern oder ergänzend zu ihnen eingeführt wurde.
(5) Als Unternehmen eines anderen Mitgliedstaates gilt jedes
Unternehmen, das eine der im Anhang der Richtlinie Nr. 2003/49/EG
des Rates vom 3. Juni 2003 (ABl. EG Nr. L 157 S 49 bis 54 in der
jeweils geltenden Fassung) angeführten Rechtsformen aufweist und
nach dem Steuerrecht des anderen Mitgliedstaates in diesem
Mitgliedstaat niedergelassen ist und nicht nach einem zwischen
diesem Mitgliedstaat und einem Drittstaat abgeschlossenen
Doppelbesteuerungsabkommen als außerhalb der Gemeinschaft
niedergelassen gilt.
Darüber hinaus muss das Unternehmen einer der in Artikel 3 dieser
Richtlinie Nr. 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 (ABl. EG
Nr. L 157 S 49) in der jeweils geltenden Fassung angeführten Steuern
oder einer weitgehend ähnlichen Steuer, die nach dem 26. Juni 2003
an Stelle der bestehenden Steuern oder ergänzend zu ihnen eingeführt
wurde, unterliegen, ohne von ihr befreit zu sein.
(6) Als verbundenes Unternehmen gilt jedes Unternehmen, das
wenigstens dadurch mit einem zweiten Unternehmen verbunden ist, dass
1. das erste Unternehmen unmittelbar mindestens zu einem Viertel
in Form von Gesellschaftsrechten am zweiten Unternehmen
beteiligt ist oder
2. das zweite Unternehmen unmittelbar mindestens zu einem Viertel
in Form von Gesellschaftsrechten am ersten Unternehmen
beteiligt ist oder
3. ein drittes Unternehmen unmittelbar mindestens zu einem Viertel
in Form von Gesellschaftsrechten am ersten Unternehmen und am
zweiten Unternehmen beteiligt ist.
Die Beteiligungen dürfen nur Unternehmen umfassen, die im
Gemeinschaftsgebiet niedergelassen sind. Diese
Beteiligungserfordernisse müssen zum Zeitpunkt der Zahlung der
Zinsen oder der Lizenzgebühren für einen ununterbrochenen Zeitraum
von mindestens einem Jahr bestanden haben.
(7) Die Befreiung vom Steuerabzug erfolgt nur, wenn der Schuldner
bereits zum Zeitpunkt der Zahlung der Zinsen oder der Lizenzgebühren
über folgende Bestätigungen verfügt:
1. Eine Bestätigung durch die zuständigen Abgabenbehörden des
anderen Mitgliedstaates, dass das empfangende Unternehmen in
diesem Mitgliedstaat ansässig ist und einer der in Artikel 3
der Richtlinie Nr. 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 (ABl.
EG Nr. L 157 S 49) in der jeweils geltenden Fassung angeführten
Steuern oder einer weitgehend ähnlichen Steuer, die nach dem
Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Richtlinie an Stelle der
bestehenden Steuern oder ergänzend zu ihnen eingeführt wurde,
unterliegt.
2. Ist eine in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Betriebsstätte
Nutzungsberechtigter der Zinsen oder der Lizenzgebühren, ist
zusätzlich durch die Abgabenbehörden dieses Mitgliedstaates das
Bestehen der Betriebsstätte und die Tatsache zu bestätigen,
dass die Betriebsstätte einer der in Z 1 genannten Steuern
unterliegt.
3. Eine Bestätigung des empfangenden Unternehmens über die
Erfüllung der Mindestbeteilungserfordernisse sowie über die
Dauer des Bestehens der Beteiligung. Das empfangende
Unternehmen hat zu bestätigen, dass es Nutzungsberechtigter im
Sinne des Abs. 3 ist. Ist eine Betriebsstätte
Nutzungsberechtiger der Zinsen oder der Lizenzgebühren, ist die
Nutzungsberechtigung im Sinne des Abs. 4 durch die
Betriebsstätte zu bestätigen.
Diese Bestätigungen gelten für einen Zeitraum von zwei Jahren ab dem
Zeitpunkt der Ausstellung.
(8) Wenn zum Zeitpunkt der Zinsen- oder Lizenzgebührenzahlung die
Mindestbehaltefrist im Sinne des Abs. 6 noch nicht gegeben war oder
der Schuldner noch nicht über die erforderlichen Bestätigungen
verfügte, kann das empfangende Unternehmen oder die empfangende
Betriebsstätte eine Erstattung bei dem nach § 59 BAO zuständigen
Finanzamt binnen fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Zinsen- oder
Lizenzgebührenzahlung beantragen. Bei Zutreffen der übrigen
Voraussetzungen des Abs. 6 wird die zu viel einbehaltene
Quellensteuer innerhalb eines Jahres nach dem ordnungsgemäßen
Einlangen des Antrags erstattet. Erfolgt die Erstattung der
einbehaltenen Steuer nicht innerhalb dieser Frist, so hat das
empfangende Unternehmen bzw. die Betriebsstätte nach Ablauf dieses
Jahres Anspruch auf eine Verzinsung der Steuer, wobei § 205 BAO
sinngemäß anzuwenden ist.
(9) Keine Befreiung von der Verpflichtung zum Steuerabzug besteht
jedenfalls bei:
1. Zahlungen aus Forderungen, die einen Anspruch auf Beteiligung
am Gewinn des Schuldners begründen, oder
2. Transaktionen, bei denen davon auszugehen ist, dass der
hauptsächliche Beweggrund oder einer der hauptsächlichen
Beweggründe die Steuerhinterziehung, die Steuerumgehung oder
der Missbrauch ist.
Bestehen zwischen dem Zahler und dem Nutzungsberechtigten von Zinsen
oder Lizenzgebühren oder zwischen einem von ihnen und einem Dritten
besondere Beziehungen und übersteigt deshalb der Betrag der Zinsen
oder der Lizenzgebühren den Betrag, den der Zahler und der
Nutzungsberechtigte ohne diese Beziehungen vereinbart hätten, so
besteht die Befreiung von der Verpflichtung zum Steuerabzug nur
hinsichtlich des letztgenannten Betrages.